Internationale Strafverfolgung: Elektronische Beweismittel einfacher sicherstellen

Zusammenfassung der Medienmitteilung des Bundesamtes für Justiz:

Schweizer und ausländische Strafverfolgungsbehörden sollen digitale Beweise im In- und Ausland schneller und einfacher sicherstellen können. Der Bundesrat hat am 9. April 2025 das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement damit beauftragt, die Schaffung gesetzlicher Grundlagen zu diesem Zweck zu prüfen und ebenso Möglichkeiten zur engeren Zusammenarbeit mit der EU in diesem Bereich zu evaluieren. Ziel ist es, die internationale Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung zu verbessern.

Unsere rechtlichen Hintergrundinformationen:

1.    Digitalisierungder Gesellschaft führt zu zunehmender Relevanz elektronischer Beweismittel

In der immer mehr digitalisierten Gesellschaft haben Straftaten zunehmend einen Bezug zu digitaler Kommunikation. So werden Chat-Logs, E-Mail-Konten, IP-Adressen zu Beweismitteln. Solche elektronischen Beweismittel – digitale Spuren – sind heute in rund 80 Prozent aller strafrechtlichen Ermittlungen entscheidend für die Aufdeckung von Straftaten und für dieÜberführung von Tätern. Ihre flüchtige Natur und häufige Speicherung auf Servern im Ausland erschwert jedoch die effiziente Sicherstellung durch Strafverfolgungsbehörden.

2.    HeutigeRechtslage in der Schweiz

Mit der heutigen Rechtslage können elektronische Beweismittel im Ausland nicht direkterhoben werden. Stattdessen muss der Rechtshilfeweg beschritten werden, was sehr lange dauern kann und mit erheblichem Aufwand einhergeht. Ein internationales Abkommen, welches sich mit der Problematik der grenzüberschreitenden Sicherung von elektronischen Beweismitteln annimmt, ist das auf Initiative des Europarates ausgearbeitete Übereinkommen über dieCyberkriminalität (CCC) vom 23. November 2001, welches von der Schweiz am 21. September 2011 ratifiziert wurde (https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2011/888/de). Eine wirkliche Vereinfachung des grenzüberschreitenden Zugriffs auf elektronische Beweismittel hat dieses Abkommen jedoch nicht ermöglicht.

Das Übereinkommen lässt einen grenzüberschreitenden Zugriff auf elektronische Beweismittel zu, wenn diese a) ohnehin öffentlich zugänglich sind und ebenso bei b) einer Zustimmung der datenberechtigten Personen (Art. 32 CCC).

Schlussendlichbietet das CCC für die Strafverfolgungsbehörden damit nur dann eineErleichterung, wenn eine freiwillige Mitwirkung ausländischer Dienstanbietervorliegt. Am 17. November 2021 hat das Ministerkomitee des Europarates einZusatzprotokoll zum CCC beschlossen, welches grenzüberschreitende Zugriffevereinfachen soll. Die Schweiz hat das Zusatzprotokoll bisher jedoch nicht unterzeichnet.

3.    Vereinfachte Sicherungsmöglichkeit von elektronischen Beweismitteln innerhalb der EU

Die EU istin diesem Bereich gesetzgeberisch fortgeschrittener und hat die Möglichkeitgeschaffen, dass EU-Ermittlungsbehörden die Sicherung oder Herausgabe von Datengegenüber Internet-Dienstanbieter in anderen Mitgliedstaaten direkt und ohne Rechtshilfeverfahren anordnen können. Hierfür hat sie das „E-Evidence-Paket“ erlassen, welches bereits am 28. August 2023 in Kraft getreten ist. Nach einer Übergangsfrist von drei Jahren wird sie für alle Mitgliedsstaaten verbindlich gelten. Kernstück dieses EU-Regelwerks ist die Verordnung (EU) 2023/1543 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2023 über Europäische Herausgabeanordnungen und Europäische Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafverfahren und für die Vollstreckung von Freiheitsstrafen nach Strafverfahren – kurz E-Evidence-Verordnung (EEVO), abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32023R1543

In Zukunft sollen Ermittlerinnen und Ermittler inder EU unter bestimmten Voraussetzungen direkt bei Diensteanbieternin anderen Mitgliedstaaten Informationen anfordern können, etwa bei E-Mail-,Cloud- oder Messengerdiensten. So können zum Beispiel Kundendaten, IP-Adressenoder E-Mail-Inhalte schneller und effizienter gesichert und herausgegebenwerden, wenn sie für die Aufklärung von Straftaten wichtig sind. Das neue Regelwerk reagiert auf die wachsende Bedeutung digitaler Medien bei derAnbahnung und Ausführung von Straftaten, insbesondere bei grenzüberschreitender Kriminalität. 

4.    Revisionder Gesetzesgrundlagen in der Schweiz

Bisher hat der Schweizer Gesetzgeber auf eine Revision der entsprechenden Gesetzesgrundlagen verzichtet. Der Bundesrat will dies nun aber ändern und hat an seiner Sitzung vom 9. April 2025 das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, Sondierungsgespräche mit der Europäischen Union aufzunehmen und die Schaffung neuer Gesetzesgrundlagen zur Vereinfachung des Austauschs elektronischer Beweismittel zu prüfen. Ziel ist es, die Zusammenarbeit bei dergrenzüberschreitenden Verbrechensbekämpfung zu stärken und gleichzeitig die Rechtssicherheit für Schweizer Digitalunternehmen zu erhöhen, ohne dabei den Datenschutz oder die Verfahrensrechte der Betroffenen zu vernachlässigen.

Link zur Medienmitteilung des Bundesamtes für Justiz: 

https://news.admin.ch/de/nsb?id=105595

<a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Blue_Fedpol_Tigris_German_patch.jpg">Ominae</a>, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0">CC BY-SA 4.0</a>, via Wikimedia Commons