Bevölkerung von Blatten kann vorübergehend nicht betrieben werden

Der Bundesrat hat am 25. Juni 2025 einen vorübergehenden Rechtsstillstand für die Einwohner der Gemeinde Blatten im Kanton Wallis genehmigt.
Zusammenfassung der Medienmitteilung des Bundesamtes für Justiz:
Einwohner der Gemeinde Blatten im Kanton Wallis können vorübergehend nicht betrieben werden. Der Bundesrat hat am 25. Juni 2025 entschieden, dem Antrag der Walliser Regierung für einen vorübergehenden Rechtsstillstand gutzuheissen. Ein Felssturz hat das Bergdorf Blatten Ende Mai 2025 getroffen und baulich grösstenteils ausgelöscht. Die Bevölkerung war glücklicherweise rund zehn Tage vor dem Unglück evakuiert worden. Der Rechtsstillstand dauert bis zum 31. Oktober 2025.
Unsere rechtlichen Hintergrundinformationen:
1. Die Bevölkerung von Blatten im Kanton Wallis kann vorübergehend nicht betrieben werden
Der Bundesrat hat am 25. Juni 2025 einen vorübergehenden Rechtsstillstand für die Einwohner der Gemeinde Blatten im Kanton Wallis genehmigt, und zwar bis zum 31. Oktober 2025.
2. Was ist ein Rechtsstillstand?
Der Rechtsstillstand ist eine Schutzzeit, während der dem Schuldner keine Betreibungsurkunden zugestellt werden (ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt).
Das heisst also, dass während dieses Zeitraums die laufenden Betreibungen ruhen und keine neuen eingeleitet werden können.
3. In welchen Fällen sieht das Gesetz einen Rechtsstillstand vor? Worum geht es?
Sinn und Zweck des Rechtsstillstandes ist es allgemein, dem Schuldner in besonderen Lebenssituationen und Lebensumständen Zeit für die Bewältigung der jeweiligen Herausforderung zu geben, um ihn vor zusätzlichem Druck und Benachteiligung zu schützen. Der Rechtsstillstand ist in den Artikeln 57 ff. des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) geregelt. Rechtsstillstand wird dabei in folgenden Situationen gewährt:
- für Schuldner, die sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befinden (und zwar während der Dauer des Dienstes) (Art. 57 ff. SchKG;
- für einen Schuldner, dessen Ehegatte, Verwandter oder Verschwägerter in gerader Linie oder dessen Hausgenosse verstorben ist (und zwar während zwei Wochen vom Todestag an) (Art. 58 SchKG);
- bei Betreibungen für Erbschaftsschulden (und zwar vom Todestag des Erblassers an während der zwei folgenden Wochen sowie während der für Antritt oder Ausschlagung der Erbschaft eingeräumten Überlegungsfrist) (Art. 59 SchKG);
- für einen Schuldner, der verhaftet wurde (in einem solchen Fall, wird ihm vom Betreibungsamt eine angemessene Frist für die Bestellung eines Vertreters angesetzt) (Art. 60 SchKG);
- für einen schwerkranken Schuldner (in einem solchen Fall kann der zuständige Betreibungsbeamte nach seinem Ermessen und für eine bestimmte Zeit einen Rechtsstillstand gewähren) (Art. 61 SchKG); und
- schliesslich im Falle einer Epidemie oder eines Landesunglücks sowie in Kriegszeiten auf Beschluss des Bundesrates oder auf Beschluss einer Kantonsregierung (mit Zustimmung des Bundesrates) gemäss Art. 62 SchKG.
In letzterem Fall kann der Rechtsstillstand für ein bestimmtes Gebiet oder für bestimmte Teile der Bevölkerung beschlossen werden. Bei der letzten Anwendung von Art. 62 SchKG hat der Bundesrat einen Rechtsstillstand im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie angeordnet, und zwar mit Verordnung vom 18. März 2020 über das gesamte schweizerische Gebiet (bis zum 4. April 2020 und dann bis zum 31. Dezember 2020 für in der Reisebranche tätige Schuldner).
4. Was sind die Auswirkungen des Rechtsstillstands auf die Gläubiger?
Die Schonfrist ist von den Betreibungsämtern zu beachten und nicht von den Gläubigern. Stellt ein Gläubiger ein Betreibungsbegehren während einer Schonfrist des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts (Betreibungsferien, Rechtsstillstand oder Nachlassstundung) nimmt das jeweilige Betreibungsamt das Betreibungsbegehren entgegen und wartet mit der entsprechenden Betreibungshandlung einfach zu, bis die Schonfrist abgelaufen ist. Der Gläubiger muss also nur eine Verzögerung des Verfahrens hinnehmen.
5. Was sind die Auswirkungen des Rechtsstillstandes auf den Schuldner?
Der Rechtsstillstand stellt für den Schuldner, wie erwähnt, eine Schonzeit dar.
Der Rechtsstillstand gilt aber nicht absolut. In gewissen Konstellationen (wie Arrestverfahren, dringende Massnahmen zur Sicherung von Vermögenswerten, oder bei bestimmten familienrechtlichen Forderungen) kann die Betreibung trotzdem fortgesetzt werden.
Wird ein Rechtsstillstand vom Schuldner geltend gemacht, vom Betreibungsamt jedoch nicht respektiert, hat dies folgende Auswirkungen:
- Betreibungshandlungen während des Rechtsstillstandes wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienst sind nach überwiegender Auffassung in der Lehre und Rechtsprechung nichtig.
- Die Betreibungshandlungen, welche in Missachtung der Regelungen bezüglich Todes, Verhaftung, schwerer Erkrankung, Epidemie etc. vorgenommen wurden, sind anfechtbar.
6. Was sind hier die Auswirkungen auf die Bevölkerung von Blatten?
Der Entscheid des Bundesrates folgt auf eine Anfrage der Walliser Kantonsregierung, die damit die Bevölkerung nach dem verheerenden Felssturz vom 28. Mai finanziell entlasten will. Erfreulich ist, dass die Waliser Behörden das Dorf Blatten schon bis 2029 wieder aufgebaut haben wollen.
Auf Antrag des Bundesrats hat das Parlament der Gemeinde Blatten als Zeichen der Solidarität ebenso rasch fünf Millionen Franken zugesprochen (https://www.news.admin.ch/de/newnsb/wdAvTXcfYkNbjX1zGthj9). Mit diesem Beitrag werden Sofortmassnahmen finanziert, die nicht durch Versicherungen oder Subventionen gedeckt sind.
7. Wie können wir Sie unterstützen?
Haben Sie Fragen zum Schuldbetreibungs- und Konkursrecht? Möchten Sie eine Forderung durchsetzen oder eine ungerechtfertigte Forderung abwehren? Gerne können Sie uns für eine Beratung kontaktieren.
Link zur Medienmitteilung des Bundesamtes für Justiz:
